Einrichtung einer Enquetekommission für die Umsetzung der UN-BRK

2016 haben sich sechs Organisationen zu dem Bündnis „Eine für alle – Die inklusive Schule für die Demokratie“ zusammengeschlossen. Dies sind:

  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
  • Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule – Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V.
  • Grundschulverband e.V.
  • Aktion Humane Schule
  • Politik gegen Aussonderung – Koalition für Integration und Inklusion e.V.
  • NRW-Bündnis „Eine Schule für Alle“

Gemeinsam setzen wir uns bildungspolitisch für die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) und der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Bereich der schulischen Bildung ein.

Nach dreizehn Jahren UN-BRK müssen wir heute feststellen, dass die Nichtanerkennung dieser Grundsätze zu oft krassen Fehlentwicklungen in den 16 Bundesländern geführt hat. Bundesweit stagniert der Abbau des Förderschulsystems, während in acht Bundesländern die Anteile der Schülerinnen und Schüler in Förderschulen sogar steigen, wie die jüngste Auswertung der KMK Statistik von Klaus Klemm zeigt. Auch die Errichtung neuer Förderschulen steht unvermindert auf der bildungspolitischen Tagesordnung. Das liegt zum einen daran, dass das Recht des Kindes auf inklusive Bildung verfälscht wurde zu einem Wahlrecht der Eltern zwischen allgemeiner Schule und Sonderschule, zum anderen daran, dass die Bundesländer keine Pläne zur Transformation des Bildungswesens im sonderpädagogischen Bereich entwickelt haben.

Die wachsenden Inklusionsquoten, die von der Bildungspolitik als Indikator für ihre erfolgreiche Inklusionspolitik benannt werden, sind reine Täuschung. Sie gehen nicht auf eine äquivalente Verminderung der Exklusionsquoten zurück, sondern resultieren daraus, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler in den allgemeinen Schulen als sonderpädagogisch förderbedürftig diagnostiziert werden.

Diese Entwicklung wird seitens der Inklusionsforschung scharf kritisiert. Kinder ohne Behinderungen werden stigmatisierenden sonderpädagogischen Feststellungsverfahren unterzogen, nach sonderpädagogischen Förderschwerpunkten kategorisiert und etikettiert und bei der Zuordnung zu zieldifferentem Lernen in ihren Bildungsmöglichkeiten eingeschränkt.

Zudem kann der notwendige Ressourcentransfer aus den Förderschulen in die allgemeinen Schulen nicht stattfinden, da das Förderschulsystem als Doppelsystem erhalten bleibt.

Die Fehlentwicklung ist auch darin begründet, dass die Bundesländer in dem Widerspruch verharren, inklusive Bildung in einem Schulwesen zu realisieren, das weiterhin auf Leistungshomogenität und Leistungsselektion ausgelegt ist. Es fehlen Impulse und eine gezielte bildungspolitische Steuerung für eine Schulentwicklung, die alle allgemeinen Schulen zu Lernorten weiterentwickelt, in denen alle Kinder und Jugendlichen in ihrer Unterschiedlichkeit willkommen sind und individuell gefördert werden.

Wir verweisen auf die wissenschaftliche Studie von Steinmetz, Wrase et al. (2021), die die Transformationshindernisse und Fehlentwicklungen bei der Implementation schulischer Inklusion in den 16 Bundesländern auf der Basis des menschenrechtsbasierten Indikatorenmodells der Vereinten Nationen überzeugend belegt. Die Forscher sehen aus juristischer Sicht „ernstzunehmende Hinweise auf eine systematische Verletzung des Konventionsrechts aus Artikel 24 UN-BRK“.

Die Bundesregierung hat als Vertragsstaat der UN-BRK ihre Gesamtverantwortung für die menschenrechtskonforme Implementierung der UN-BRK im schulischen Bereich nicht übernommen, sondern an die KMK und die Bundesländer abgetreten. Da diese in ihrer Interpretation von Inklusion und inklusiver Bildung den völkerrechtlichen Ansprüchen nicht gerecht werden, fordern wie die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf, eine Enquetekommission mit dem Auftrag einzurichten, Ziele und Wege für eine menschenrechtskonforme Umsetzung der UN-BRK zu erarbeiten. Neben Expert*innen aus Wissenschaft und Politik sind Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowie Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Gruppen mit Kenntnissen und Erfahrungen im Bereich schulischer Inklusion an der Kommission zu beteiligen.

Wir bitten Sie, sich für die Einrichtung einer Enquetekommission als Vorsitzende/r Ihrer Fraktion einzusetzen.

Wir danken für die Mitteilung Ihrer Entscheidung und grüßen freundlich!

Anja Bensinger-Stolze

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands

Dieter Zielinski

Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule – Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V., Vorsitzender

Edgar Bohn

Grundschulverband e.V., Vorsitzender

Engelbert Schmid

Aktion Humane Schule, Bundesvorsitzender

Prof. Dr. Anne-Dore Stein

Politik gegen Aussonderung – Koalition für Integration und Inklusion e.V., Vorsitzende

Uta Kumar

NRW-Bündnis
„Eine Schule für Alle“ Sprecherin

Download der Erklärung als PDF

Bündnis „Eine für alle – Die inklusive Schule für die Demokratie“